Ist die KI der bessere Coach? Über Möglichkeiten und Grenzen von Online-Coaching

„Digital ist besser“, sangen die Sound-Rebellen von Tocotronic schon 1995 in ihre verzerrten Mikrofone. 30 Jahre später ist die Digitalisierung auch im Coaching endgültig angekommen und immer mehr Coaches und Coachees schwören auf die unschlagbaren Vorteile von Online-Coaching.

Dazu zählen an allererster Stelle die große Flexibilität und die Möglichkeit des ortsunabhängigen Coachings. Doch auch andere Aspekte wie der Einsatz virtueller Tools, asynchrone Unterstützung z.B. durch WhatsApp-Nachrichten und die vertraute Sicherheit der eigenen 4 Wände werden immer wieder als sehr förderlich für den Coaching-Prozess beschrieben.

Coachee beim Coaching mit der KI

Und lässt sich eben dieser Coaching-Prozess nicht auch komplett digitalisieren? Mittlerweile gibt es immer mehr KI-gestützte Technologien, Apps und Chatbots, die uns scheinbar ebenso professionell unterstützen können wie ein ausgebildeter Coach. Die offene Fragen stellen und sämtliche Methoden und Interventionstechniken kennen. Ich habe ein Problem und weiß nicht weiter? Einfach mal ChatGPT fragen – oder eine speziell dafür programmierte Coaching-App. Sind menschliche Coaches vielleicht inzwischen sogar überflüssig? Oder werden sie es in nächster Zukunft sein?

Um das herauszufinden, haben wir unsere DozentInnen und Alumni gefragt, wie sie die aktuellen Entwicklungen beobachten. Was für Erfahrungen sie selbst bisher im Online-Setting gemacht haben – und welche Zukunftstrends sie bereits jetzt erkennen können. Ihre spannenden und zukunftsweisenden Experten-Antworten veröffentlichen wir hier im 3. Teil unserer Mini-Serie zum Thema Online-Coaching.

Inhaltsverzeichnis

  1. Warum ich mich nur noch online coachen lasse
  2. Online-Coaching: Fokus auf dem Klienten und seinen Zielen
  3. Die großen Trends im Online-Coaching: KI und Gamification
  4. Fazit

1. Warum ich mich nur noch online coachen lasse

Angela Cardinale Online CoachOnline-Coaching hat sich in den letzten Jahren enorm weiterentwickelt und ist meiner Meinung nach gar nicht mehr wegzudenken. KI ist überall auf dem Vormarsch und hat seinen Platz im Online-Coaching bereits gefunden – ob KI-gestützte Tools zur Selbstreflexion und Fortschrittsverfolgung oder auch zur Automatisierung administrativer Aufgaben oder Echtzeit-Feedback. Darüber hinaus beobachte ich zunehmend, dass die interaktive Gestaltung von Online-Sessions durch digitale Whiteboards immer relevanter wird.

Online-Coaching bietet beiden Seiten größtmögliche Flexibilität

Ich selbst habe bisher ausschließlich Online-Coaching in Anspruch genommen und bin ein großer Fan dieses Formats. Warum? Als Mutter von zwei Kleinkindern und Leiterin eines Teams von acht Personen benötige ich absolute zeitliche Flexibilität. Online-Coaching bietet mir die Möglichkeit, meine Sitzungen flexibel zu planen und von überall aus teilzunehmen. Zudem kann ich auf einen viel größeren Markt an qualifizierten Coaches zugreifen, da ich nicht örtlich gebunden bin.

Als Coach habe ich festgestellt, dass die Hemmschwelle für KlientInnen oft niedriger ist, da sie bequem von zu Hause aus teilnehmen können. Die Flexibilität für beide Seiten ermöglicht kürzere, gezieltere Sitzungen und eine kontinuierliche Begleitung. Natürlich gibt es Herausforderungen, wie die Notwendigkeit einer stabilen Internetverbindung oder das Fehlen nonverbaler Signale, aber durch gezielte Methoden kann man diese gut ausgleichen. Insgesamt bietet das Online-Setting viele Vorteile, die sowohl für KlientInnen als auch für Coaches von großem Nutzen sind.

Visualisierungen und Embodiment funktionieren online besonders gut

Der Einsatz von digitalen Tools wie interaktiven Whiteboards (z. B. Miro oder MURAL), Breakout-Sessions für Gruppencoaching oder auch Coaching-Apps zur Reflexion zwischen den Sitzungen hat das Online-Coaching enorm bereichert. Ich beobachte auch, dass Embodiment-Techniken sich gut im Online-Coaching nutzen lassen, wie z.B. angeleitete Körperwahrnehmungsübungen oder kreative Methoden wie Visualisierungen.

Anfangs hatte ich Bedenken, ob die persönliche Verbindung online genauso gut aufgebaut werden kann wie im Präsenz-Setting. In der Praxis hat sich gezeigt, dass dies mit der richtigen Gesprächsführung, aktiver Präsenz und interaktiven Methoden sehr wohl möglich ist.

Ein weiterer Punkt war die Sorge, dass technische Herausforderungen Coaching-Prozesse stören könnten – auch hier hilft eine gute Vorbereitung und technische Routine, um eine möglichst reibungslose Erfahrung zu schaffen.

Manchen fällt es online leichter, sich zu öffnen

Das Feedback nach meinen Online-Coaching-Sessions war bisher durchweg positiv. Viele KlientInnen schätzen besonders die Ortsunabhängigkeit und zeitliche Flexibilität. Einige haben rückgemeldet, dass sie sich in ihrer gewohnten Umgebung sogar noch besser öffnen können als in einem neutralen Coaching-Raum. Zudem erleben sie oft eine höhere Eigenverantwortung und Selbstreflexion, da sie zwischen den Sitzungen digitale Impulse oder Reflexionsaufgaben nutzen können. Ein häufiges Feedback ist, dass Online-Coaching genauso tiefgreifend und transformativ sein kann wie Präsenz-Coaching.

Online-Coaching hat mir persönlich viele neue Möglichkeiten eröffnet. Es kann mir den Zugang zu internationalen KlientInnen ermöglichen und erlaubt mir eine größere Vielfalt an Formaten, wie z. B. kürzere Check-ins oder asynchrone Begleitung durch Sprachnachrichten via WhatsApp oder Signal. Auch die Möglichkeit, Coaching-Programme in Kursform anzubieten oder Webinare für größere Gruppen zu gestalten, ist durch die Digitalisierung viel einfacher geworden.

Angela Cardinale ist stolze Mutter von zwei Töchtern und leidenschaftliche Führungskraft in einer SAP-Unternehmensberatung. Sie geht in beiden Rollen voll und ganz auf und liebt es, Menschen zu führen, ihre Potenziale zu erkennen und das Beste aus ihnen herauszuholen. Als Personal & Business Coach unterstützt sie vor allem ambitionierte, starke Frauen und liebevolle Mütter dabei, ihre verschiedenen Rollen in Einklang zu bringen.

www.angelacardinale.com

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2. Online-Coaching: Fokus auf dem Klienten und seinen Zielen

Michael Wilke Online CoachZu Trends, was spezielle Online-Tools angeht, kann ich leider nicht viel nennen, da ich diese in der Regel nicht nutze. Ich arbeite vorrangig per Video-Call und nutze maximal ein virtuelles Whiteboard, um je nach Intervention gemeinsam mit dem Klienten Situationen, Wechselwirkungen oder auch die erarbeiteten Ergebnisse festzuhalten und sichtbar zu machen. Genau wie im Präsenz-Coaching liegt der Fokus eindeutig auf dem Klienten, seinen Zielen und Ergebnissen und seinen Stärken. Tools sind da nur ein Hilfsmittel, nur eben digital.

Als Trend kann ich allerdings feststellen, dass sowohl Klienten aus dem Personal Coaching als auch im Business-Kontext gern auf die Online-Variante des Coachings zurückgreifen. Sie haben erkannt, dass eine Online-Coachingsitzung ebenso wirkungsvoll und intensiv sein kann wie in ein physisches Treffen. Viele KlientInnen befürworten es zudem, für die intensive „Arbeit“ an sich selbst die eigenen, bekannten und vertrauten Räumlichkeiten und Umgebungen zu nutzen. Für viele ist das nicht nur eine vertraute Umgebung. Gerade im Business-Kontext spielt hier auch der Zeitaufwand eine Rolle, da An- und Abreise, bzw. der Weg zum Coaching und wieder zurück an die Arbeitsstelle wegfallen. So bleibt mehr Energie für ein intensives Coaching.

Vor allem die Klienten, die vorher bereits Präsenz-Coaching-Erfahrung gemacht haben, sind begeistert, dass es online in der Wirkungsweise und Intensität keinen Unterschied gibt. Vielen ist es durch die vertraute Umgebung sogar leichter gefallen, auch intensiveren Empfindungen und Gefühlen zu begegnen. Ein weiteres positives Feedback, neben der identischen Wirkweise, ist die zeitliche Flexibilität. Online können Coachings ohne großen Aufwand auch mal außerhalb der gewohnten „Geschäftszeiten“ stattfinden – zum Beispiel in den Abendstunden oder am Wochenende.

Neue Möglichkeiten durch Online-Coaching

In jedem Fall bietet Online-Coaching die Möglichkeit, auch außerhalb des „Einzugsgebiets“ einer Praxis, Klienten zu erreichen. Gerade außerhalb von Großstädten gibt es eben nicht unzählige Coachingpraxen. Und umgekehrt bieten Online-Coachings allen Klientinnen und Klienten die Möglichkeit eines Coachings. Ganz unabhängig vom Wohnort.

Bedenken höre ich immer wieder in Bezug auf die Wirkung eines Online-Coachings. „Ist das denn genau so intensiv?“ „Wie soll das funktionieren, wenn man nicht in einem Raum sitzt? Da fehlt doch eine Ebene der nonverbalen Kommunikation?“ Diese Fragen hatte ich anfangs auch selbst im Kopf. Nach meiner ersten Erfahrung im Online-Coaching, nach den ersten online durchgeführten Sitzungen und nach dem Feedback meiner KlientInnen konnte ich diese Bedenken schnell das sein lassen, was sie sind: Reine Bedenken, die durch eine gegenteilige Erfahrung revidiert wurden.

Michael Wilke beschäftigt sich schon seit Beginn seines Berufslebens mit Veränderungsprozessen und ist leitet die Coaching Ausbildung Online der Coaching Akademie Berlin. Er ist davon überzeugt, dass die positive Kraft der Veränderung in jedem Menschen steckt – und diese Kraft zu spüren, macht für ihn seine Arbeit als Coach aus.

www.michaelwilke.coach

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3. Die großen Trends im Online-Coaching: KI und Gamification

Sandra Wollatz Online CoachKI-gestützte Technologien halten zunehmend Einzug ins Online-Coaching – ein Beispiel ist der Chatbot AIMY™ von Coachhub. Solche Tools bieten interaktive Unterstützung und können Coaching-Prozesse individuell begleiten. Ebenso gewinnt Gamification an Bedeutung: Spielerische Elemente und interaktive Challenges steigern die Motivation und sorgen insbesondere im Teambuilding für Abwechslung sowie messbare Erfolge in der persönlichen Entwicklung.

Gleichzeitig beobachte ich, dass viele Menschen noch Vorbehalte gegenüber KI-gestützten Coaching-Prozessen haben und den persönlichen Kontakt bevorzugen. Die entscheidende Frage bleibt, inwiefern KI wirklich einen individuellen, empathischen Coaching-Prozess ersetzen kann oder ob sie vielmehr als ergänzendes Tool zu verstehen ist.

Ein weiteres kritisches Thema ist die zunehmende Popularität von ‚durchgestalteten‘ Coaching-Tipps, Tests und Fragebögen, wie sie etwa auf Plattformen wie TikTok stark verbreitet sind. Diese Formate erreichen eine große Zielgruppe und wirken durch ihre einfache Anwendung niederschwellig und zugänglich. Doch genau hier liegt eine Gefahr: Standardisierte Lösungen suggerieren schnelle Erfolge, lassen aber oft zentrale Elemente eines fundierten Coaching-Prozesses – individuelle Reflexion, Tiefgang und nachhaltige Entwicklung – außer Acht.

Digitale Coaching-Tools sind kein Selbstzweck

Ein Coaching-Ansatz, der sich zu stark auf trendige, algorithmische Inhalte verlässt, läuft Gefahr, inhaltsleer oder sogar kontraproduktiv zu werden. Wer ausschließlich nach schnellen, vorgefertigten Antworten sucht, statt eigene Denkmuster und innere Dynamiken zu hinterfragen, riskiert eine Verzerrung des Selbstbildes oder die Anwendung ungeeigneter Strategien. Gerade im psychosozialen Coaching ist es essenziell, dass Methoden nicht nur attraktiv, sondern auch fachlich fundiert sind.

Hier sehe ich eine Verantwortung für Coaches, einen reflektierten Umgang mit digitalen Tools zu fördern und sie dort einzusetzen, wo sie echten Mehrwert schaffen – nicht als Ersatz, sondern als gezielte Unterstützung eines fundierten, individuellen Coaching-Prozesses. KI kann im Coaching als unterstützendes Tool sinnvoll sein, doch sie ersetzt keinen professionellen, empathischen und ethisch verantwortungsvollen Coaching-Prozess. Ein bewusster und reflektierter Einsatz ist entscheidend, um die Chancen zu nutzen, ohne dabei die Qualität und Integrität des Coachings zu gefährden.

Es gibt nicht nur entweder/oder – die Mischung macht’s!

Ich arbeite sehr gern hybrid, wenn es geht – also ein Mix von persönlichen Begegnungen und Onlinecoachings. Viele profitieren von der Sicherheit der eigenen vier Wände und davon, zum Beispiel viel mehr die Kontrolle zu haben über das Setting – den Umfang und auch die Intensität des Coachings. Andere nutzen das Online-Coaching während der Arbeitszeit für einen inneren Peptalk vor großen Meetings oder aufreibenden Gesprächen. Da ich auch traumasensibel arbeite, konnte ich feststellen, dass das Onlinesetting unterstützend agieren kann. Das muss aber vorher genauestens ausgelotet werden und individuelle Absprachen müssen getroffen werden (Safe Words, Exitstrategie, After Care, Krisenintervention etc.). Viele tragen Kopfhörer, was gleichzeitig die Konzentration stärken kann und dazu führt, dass weniger Umweltgeräusche wahrgenommen werden. Neurodiverse KlientInnen kann das in ihrem Prozess unterstützen.

Das Klienten-Feedback ist oft sehr berührend und gleichzeitig bestärkend

Ein gemeinsames Feedback fast aller KlientInnen war, dass sie sich trotz geographischer Distanz gehalten und nicht allein gefühlt haben. Das hat mich sehr berührt und gleichzeitig bestärkt in dem Gedanken, dass Online-Settings die Selbstwirksamkeit der KlientInnen nicht behindert, sondern unterstützt. Eventuell hängt es auch damit zusammen, wie medienkompetent der Umgang ist mit dem Online-Setting – je souveräner und selbstsicherer sich jemand fühlt, um so stabiler ist der Rapport über das Online-Setting.

Durch das Online-Coaching habe ich die Möglichkeit, eine viel größere Reichweite zu erzielen. Ich hatte bereits KlientInnen aus verschiedenen Regionen – etwa Thüringen, München und sogar London. Diese geografische Flexibilität ist ein großer Vorteil, da ich so auch Menschen unterstützen kann, die nicht in meiner unmittelbaren Nähe wohnen.

Auch in meiner eigenen Weiterbildung habe ich die Vorteile des Online-Formats für mich entdeckt. Online-Fortbildungen sind für mich perfekt, da sie zeitlich flexibel und ortsunabhängig sind. So konnte ich mich kontinuierlich weiterentwickeln und meine Kompetenzen ausbauen. Besonders wertvoll war dabei die Online-Ausbildung bei der Coaching Akademie Berlin, die mir eine solide Basis vermittelt hat, auf der ich nun aufbauen kann.

Mit wachsender Erfahrung zerstreuen sich die Bedenken

Zu Beginn gab es natürlich Bedenken, vor allem hinsichtlich des Rapports und der Frage, ob sich im Online-Coaching die gleiche Dynamik aufbauen lässt wie in persönlichen Gesprächen. Ich fragte mich, ob die Methoden online genauso wirksam sein würden oder ob es schwieriger wäre, eine vertrauensvolle Beziehung zu den KlientInnen aufzubauen. Nur in meinen ersten Online-Coachings habe ich tatsächlich die Herausforderung gespürt, in bestimmten Situationen den direkten Draht zu den KlientInnen zu finden.

Jedoch habe ich schnell gelernt, dass auch im Online-Setting Flexibilität und Authentizität gefragt sind. Meine Dozentin in der Coachingausbildung hat immer gesagt: „Wenn etwas nicht funktioniert, mach‘ etwas anderes“ – genau dieser Impuls gilt sowohl für persönliche als auch für Online-Coachings. Wenn ich authentisch mit herausfordernden Situationen umgehe, entsteht durch das gemeinsame Reflektieren und Lösen oft ein gemeinsames Learning und – gerade in stressigen Momenten – ein Lachen, das auch online eine wertvolle Verbindung schafft. Kreativität trägt dann dazu bei, dass eigentlich fast alles online möglich ist.

Sandra Wollatz ist gelernte Sozialpädagogin und hat ihre Systemische Coaching Ausbildung 2022/23 online absolviert. Die Möglichkeit von Online-Coaching bietet ihr ungeahnte Freiheiten und eine nahezu unbegrenzte Reichweite. Sehr gern arbeitet sie auch in hybriden Formaten.

Sandra Wollatz auf LinkedIn

4. Fazit

„Ist die KI der bessere Coach?“, lautete unsere etwas provokative Ausgangsfrage. Andere Branchen fragen sich: „Ist die KI der bessere Texter? Oder die bessere Steuerberaterin?“

Anders gesagt: Die Chancen und Risiken, die der Einsatz von KI mit sich bringt, sind in der Coaching-Branche vergleichbar mit denen in anderen Branchen. Steht uns nun die große Revolution bevor oder ist sie eher als ergänzendes Tool zu verstehen? Das ist einerseits teilweise noch nicht ganz absehbar. Andererseits: Bisher ist die große Revolution jedenfalls ausgeblieben.

Es stimmt: KI kann interaktive Unterstützung bieten und den Coaching-Prozess individuell begleiten. Doch „sie ersetzt keinen professionellen, empathischen und ethisch verantwortungsvollen Coaching-Prozess“, wie Sandra Wollatz in ihrem Beitrag schreibt. Sie ist und bleibt ein digitales Tool – wenn auch ein sehr mächtiges. Doch der Einsatz digitaler Tools ist eben kein Selbstzweck, sondern sollte immer gezielt und anwendungsbezogen nur dort erfolgen, wo er einen echten Mehrwert bietet. Nicht als Ersatz, sondern als sinnvolle Ergänzung.

Die KI ist kein Mensch. Diese so simpel erscheinende Tautologie wird uns als Menschen und als Coaches in der Zukunft noch stark beschäftigen. Die Grenzen scheinen zunehmend zu verfließen und es kann zu Verwechslungen kommen. Schon heute gibt es Menschen, darunter auch Kinder, die zu Amazons Alexa oder anderen Sprachservices eine Art Beziehung aufbauen und der KI gegenüber Gefühle entwickeln. Die ihr sagen: „Ich vermisse Dich“ oder „Du verstehst mich besser als alle anderen.“ Und auch im Coaching erscheint der Gedanke reizvoll, dass ich hier ein gleichwertiges Gegenüber habe, das verständnisvoll und empathisch ist und mich als Coachee sachkundig und kompetent durch einen vordefinierten Coaching-Prozess führt.

Doch die KI kann per se keine Gefühle entwickeln. Sie kann sie nur simulieren. Jegliche emotionale Verbindung und jegliches Vertrauensverhältnis zwischen KI-Coach und Coachee existiert deshalb nur scheinbar, im Kopf des Coachees. Es ist das grundlegende Dilemma der KI – und der Grund, warum sie uns Menschen nie ersetzen können wird, weder im Coaching noch in anderen Bereichen, bei denen unser Menschsein von essentieller Bedeutung ist.

Sandra Wollatz weist in diesem Zusammenhang noch auf einen weiteren Trend hin, der vor allem in den sozialen Medien gerade um sich zu greifen scheint: Die Popularität von standardisierten Fragebögen und vorgefertigten Coaching-Tipps, die uns scheinbar mit zielgenauer Sicherheit zur Lösung unseres Problems führen sollen. Er basiert auf unserer Sehnsucht nach universell anwendbaren Lösungen – nach dem „Geheimrezept“, dem „Allheilmittel“.

Das kann nicht funktionieren, jedenfalls nicht im Coaching. Der systemische Coaching-Ansatz steht dieser Idee diametral gegenüber. Er geht davon aus, dass es nur individuelle Lösungen gibt, keine universellen. Die Lösung schlummert im Klienten oder in der Klientin selbst, nur er oder sie kann sie entdecken und ans Licht bringen. Dafür erfordert es oft einiges an Anstrengung, Zeit, Vertrauen, Reflexion, Offenheit, Geduld, Mut und die Bereitschaft, sich wirklich tiefgehend mit sich selbst, seinen Glaubenssätzen und der eigenen Wirklichkeitskonstruktion auseinanderzusetzen. Begleitet von einem/einer professionellen, Systemischen Coach, der/die den Prozess als Ganzes im Blick hat und verantwortungsvoll steuert. Das kann weder die KI leisten noch ein vorgefertigter Fragebogen auf TikTok.

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